Wer schon einmal in Marokko oder einem anderen nordafrikanischen Land war, weiss bestimmt, was ein Tajine ist. Dieses aus gebranntem Lehm geformte Schmorgefäss mit Deckel ist wohl der Inbegriff der nordafrikanischen Küche. Im Normalfall wird der Topf lecker gefüllt mit Gemüse und Fleisch und dann auf ein Holzkohlefeuer gestellt. Es dauert eine ganze Weile bis das Essen im Tajine gar wird, aber das Ergebnis ist wirklich vorzüglich.
Gleich beim Check-in im ersten Riad werde ich vorgewarnt: Aufgepasst auf gefälschte Tajine-Gerichte! In den günstigen Restaurants wird oft geschummelt: Das Essen des Tajines wird nicht mehr langwierig auf der Holzkohle gegart, sondern vorgekocht und dann einfach am Schluss im Tajine angerichtet. In einer engen Gasse in Marrakesh habe ich dann aber doch ein sehr authentisches Tajine-Gericht gefunden. Klein, fein und sehr lecker und hier wird definitiv den ganzen Tag fleissig geschmort.
Auf meiner Reise durch Marokko ist mir der Tajine in unzähligen Varianten begegnet: Auf dem Frühstückstisch gefüllt mit Butter, Marmelade und Zucker, zum Thé à la menthe werden mir frische Datteln im Tajine serviert und beim Abendessen kriege ich dann auch noch mein Desert darin. Ein wirklich multifunktionales Töpfchen für alle Tageszeiten!
Kein Wunder, dass einem der Tajine als Tourist überall begegnet, denn irgendwie haben die Einheimischen das Gefühl, einem Tourist muss das Essen unbedingt im Tajine serviert werden.
Auf dem Weg von Agdz nach Taroudant knurrt mein Magen und zwingt mich zu einer Mittagsrast. Taliouine ist zwar nicht wirklich ein Highlight, aber es ist ordentlich etwas los und nach zweimaligem Abfahren der Hauptstrasse ist das Restaurant gewählt. Schon sitze ich auf der Aussichtsterrasse in der Sonne. Aussicht ist etwas übertrieben, denn das Restaurant grenzt an die Hauptstrasse. Aber es gibt viel zu sehen und zu beobachten. Der Kellner kommt und ich frage ihn nach dem Tagesgericht. Das hat er nicht. Ich frage, was er denn sonst hat. Er strahlt und sagt natürlich: „Tajine!“ Okay. Schon wieder. Naja, der Preis ist gut und mein Magen braucht dringend etwas zu essen. Ich bestelle also ein Tajine mit Chicken und Gemüse. Kaum ist er weg, schaue ich mich ein wenig im Lokal um. Jeder Tisch ist besetzt mit Einheimischen. Kein Tajine weit und breit. Dafür aber grosse Teller mit Fleisch und Pommes. Beim Eintreten des nächsten Gastes sehe ich auch, wie es funktioniert: Der Gast hat in der Hand einen Beutel voller Fleisch, den er an den Besitzer übergibt. Dieser legt das Fleisch auf seinen Grill. Sobald das Fleisch fertig gegrillt ist, wird es mit Pommes oder vielleicht auch noch mit einem marokkanischen Salat serviert.
Und was kriege ich jetzt? Es dauert nicht lange und meine Frage wird beantwortet: Der Kellner taucht auf mit einem Tajine. Er stellt ihn vor mich auf den Tisch und nimmt den Deckel ab. Es dampft ordentlich und dann sehe ich mein Spezialgericht: Lahme Pommes und darunter etwas Chicken! Alles schön verpackt ganz speziell für mich als Tourist im unverzichtbaren Tajine!
Guten Appetit,
Eure Travel Sisi
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