Ja, das Reisen hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Begriffe wie Übertourismus oder Flugscham tauchen immer öfter auf und du hast sie bestimmt auch schon gehört. Da mich das Reisefieber schon seit Jahren fest im Griff hält, bin ich mit der laufenden Veränderung der Tourismusindustrie ständig konfrontiert. Noch schlimmer, denn als Reisebloggerin bin ich sogar mittendrin.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Wandel für mich? Wie passe ich meinen Reisestil der veränderten Reiseindustrie an? Welche Verantwortung habe ich als Reisebloggerin?
All diese Fragen möchte ich in diesem Artikel beantworten. Es ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und das mich schon seit Monaten beschäftigt. Deshalb habe ich mich der Blogparade von Takly on Tour zum Thema Verantwortung als Reiseblogger sehr gerne mit diesem Text angeschlossen.
Übertourismus und Flugscham: Ein Blick zurück
Es ist der 25. September 2000. Ich habe vor wenigen Monaten mein Studium abgeschlossen und bin gerade aus Deutschland zurück nach Hause gekommen. In Hannover habe ich an der Weltaustellung am Stand des Fürstentum Liechtensteins die Besucher über mein kleines Heimatland informiert. Es blieb auch genug Zeit, um die anderen Länder zu entdecken, die an der Expo in Hannover als Aussteller waren. Noch mehr Futter für mein Reisefieber, das mich natürlich auch schon im Jahr 2000 plagt!
Ich beschliesse deshalb spontan, auf eine Weltreise zu gehen. Die Welt ist so schön und ich muss sie besser kennen lernen!
An diesem Montag im September gehe ich deshalb ins Reisebüro bei mir im Ort. Ich gebe meinen Wunsch an, einmal von Zürich um die Welt zu fliegen. Australien soll dabei sein und vielleicht Cook Island, New York möchte ich auch unbedingt sehen. Losgehen soll es bereits in einigen Tagen, nämlich am 07. Oktober 2000, meinem Geburtstag. Ich lasse mich vom Besitzer des Reisebüros noch etwas bezüglich Reisedauer beraten und anstatt Cook Island kommt Hawaii ins Programm, weil dort keine Regenzeit ist. Am Nachmittag erhalte ich telefonisch Antwort auf meine Fluganfrage. Es gibt einen guten Flug für mich: Zürich – Bangkok – Sydney – Auckland – Honolulu – Los Angeles – New York – Zürich. Die Route und der Preis klingen gut und ich sage bereits am Telefon zu. Am Abend treffe ich mich zur Feier meines Trips mit einem Kollegen in einer Bar. Er empfiehlt mir den Lonely Planet Australien auf meine Reise mitzunehmen. Ein Reiseführer, von dem ich bis dahin noch nie gehört hatte! Mit diesem dicken Guide sitze ich also wenige Tage später bereits im Flugzeug auf dem Weg in mein grosses und ziemlich spontanes Reise-Abenteuer.
Das Hostel, das ich in Sydney ansteuere, habe ich dank dem Reiseführer noch zwei Tage vor Abflug telefonisch gebucht. In Sydney überlege ich die ersten Tage erst mal, was ich machen und sehen könnte in Australien. Ich schliesse mich spontan ein paar Leuten an und finde überall problemlos ohne Buchung und viel Recherche Unterkunft in Hostels oder einen Sitzplatz auf einer Tour.
Dies wird einer der besten Trips, die ich je gemacht habe. So einfach und spontan war das Reisen also noch vor gut zwanzig Jahren.
Übertourismus und Flugscham: Die Fakten
Heute sieht es etwas anders aus, denn der Boom der Tourismusindustrie ist gewaltig. Reisen hat sich vom Luxus- zum Allgemeingut gemausert. Die Schnäppchenpreise der Billigflieger laden uns ständig zum Verreisen ein. Schweden ist das Land, das die „Flygskam“ – die Flugscham – erfunden hat. Heutzutage schämen sich schon viele Leute, dass sie trotz dem Wissen um den Klimawandel in ein Flugzeug steigen. Trotzdem hat sich in Berlin-Schönefeld das Passagieraufkommen in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt.
Mit dem Boom des Kreuzfahrttourismus werden Unmengen von Touristen in wenigen Stunden durch Städte geschleust. Sie lassen kaum Geld in den Destinationen, weil sie an Bord ihres Schiffes essen und schlafen.
Überlastete Infrastruktur von Flughäfen sind die Folge des Booms, überfüllte Städte und Strände das grosse Übel.
Bereits heute überlegen viele beliebte Städte wie Barcelona oder Amsterdam, wie sie die Touristenströme umlenken können, um die Einheimischen nicht zu vertreiben. Das Problem des Overtourism wird sich auch in den kommenden Jahren kaum ändern, denn in den aufstrebenden Ländern von Asien rücken immer mehr Menschen in die Mittelschicht und werden bestimmt bald genug Geld haben, um die Welt zu bereisen.
Übertourismus und Flugscham: Die Flugbuchung
Ins Reisebüro wie ich damals geht heute für eine Flugbuchung eigentlich fast niemand mehr. Auch das hat sich in den letzten Jahren geändert. Die Reisebüroangestellten sind meistens auch nicht wirklich motiviert, dir einen guten Flug zu finden, denn die Kommissionen für Flugbuchungen sind sehr gering oder es gibt gar keine. Heute kannst du mit einer Flugbuchung nie lange warten, sonst ist der Flug bereits ausgebucht. Die Zahl der Fliegenden hat sich die letzten Jahre nämlich – leider – um ein Vielfaches gesteigert.
Ich kenne viele Leute – vor allem Familien – die Flüge bereits ein Jahr im Voraus buchen müssen.
Nervig ist heutzutage natürlich auch, dass der Tarif, der die Flugsuchmaschine ausspuckt, noch lange nicht der ist, den du am Schluss bezahlen musst.
Bei vielen Airlines ist heutzutage kein Gepäck mehr inkludiert und je nach Aufenthaltsdauer reicht das Handgepäck natürlich nirgends hin. Wenn du diesen Zuschlag hinter dich gebracht hast, zahlst du auch noch für einen Sitzplatz extra. Ganz zum Schluss musst du oft noch für die Bezahlung mit der Kreditkarte einen Zuschlag zahlen. Wenn ich aber soweit bin, bin ich meistens schon so genervt, dass ich einfach nur noch blind „weiter“ klicke, um endlich ein Ende in Sicht zu haben. Und sobald ich den Flug gebucht habe, stellt sich auch bei mir die Flugscham ein.
Übertourismus und Flugscham: Die Hotelbuchung
Die Unterkunftsbuchung ist heute ebenfalls kein Zuckerschlecken mehr, sondern eine richtige Herausforderung. Vor allem, wenn du wie ich immer gerne in speziellen oder stylischen Unterkünften übernachtest. Ohne vorherige Buchung stehst du in diesen Unterkünften bestimmt vor ausgebuchten Zimmern und musst dann halt nehmen, was noch frei ist. Vielleicht klappt es für Mehrbettzimmer in Hostels oder ganz abgelegenen Destinationen ohne Buchung. Aber ich bezweifle auch das.
Es geht aber nicht nur um die Buchung selber, die sehr zeitaufwändig ist. Um den besten Preis in einer Unterkunft zu bezahlen, lohnt es sich, die Preise auf verschiedenen Buchungsportalen und der eigenen Webseite der Unterkunft zu vergleichen.
Ich bin sicher, dass heute auch niemand mehr auf „buchen“ klickt ohne vorher ein paar Bewertungen auf TripAdvisor oder Booking.com durchgelesen zu haben.
Wenn du es wie ich ganz genau nimmst, kannst du dir auch noch die Location von deiner Unterkunft auf Google Streetview ansehen. Mit meinen tollen Unterkunftstipps liegst du aber bestimmt in jedem Fall gut.
Übertourismus und Flugscham: Die Reisevorbereitung
Es ist schwierig, noch richtige Geheimtipps aufzuspüren. Denn alles, was irgendwo mal auf Instagram oder im Web aufgetaucht ist, ist meistens schon kein Geheimtipp mehr. Es gibt heute viele Reisende, die ihre Touren entlang von Instagram-Hotspots planen. Kein Wunder, dass an diesen Orten so viele Menschen sind.
Reiseführer sind eigentlich out, denn sobald sie gedruckt sind, sind sie leider schon nicht mehr aktuell.
Zudem gab es bei Lonely Planet auch einmal einen Skandal, der diese Reiseführer in ein schlechtes Licht gerückt hat. Heutzutage gibt es mit dem Internet unbegrenzte Möglichkeiten zur Reisevorbereitung. In Foren kannst du Fragen stellen oder dich Gruppen auf Facebook anschliessen, um mehr über deine Reisedestination zu erfahren. Schlechte Unterkünfte können heutzutage kaum mehr überleben dank Bewertungsportalen. Aber all diese Recherche kostet viel Zeit, die du oft vielleicht nicht hast. Vor allem, wenn du genau so gerne und oft unterwegs bist, wie ich.
Übertourismus und Flugscham: Die Krankheiten
Ich steige heute nicht mehr ins Flugzeug, ohne vorher die Webseite safetravel besucht zu haben. Auf diesem Portal findest du für jede Destination eine reisemedizinische Empfehlung. Es wird auf aktuelle Epidemien hingewiesen. Dengue hat sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet und es gibt leider schon fast keine tropische Destination mehr, die keine Dengue-Fälle hat. Vor allem, wenn du mit Kindern unterwegs bist, wird das vielleicht deine Reiseplanung beeinflussen. Ein guter Mückenschutz tagsüber und in der Nacht ist an den meisten Destination wichtig.
Übertourismus und Flugscham: Meine persönliche Lösung
Klar, als Reiseblogger bin ich eigentlich auch zu einem Stück dafür verantwortlich, dass so viele Leute unterwegs auf Reisen sind. Meine Texte und Bilder sollen schliesslich zum Reisen animieren. Mit meinem Blog möchte ich dich aber mehr für authentische Orte begeistern, dir spezielle Unterkünfte abseits des grossen Touristenstroms zeigen und zu antizylischem Reisen inspirieren.
Genau das ist nämlich meine Lösung, um dem Übertourismus entgegen zu wirken. So verteilt sich die Reisemasse vielleicht wenigstens ein wenig.
Dank meinem antizyklischen Reisen fahre ich also im Dezember nach Andalusien und freue mich über menschenleere Strände. Im Sommer setze ich mich lieber an eine hübsche Bucht in Wales und geniesse auch mal im Pulli oder der Windjacke eine etwas kältere Brise. Alles besser als mit Tausenden anderen eng eingepfercht irgendwo am Strand in der Hitze zu brutzeln.
Ich versuche an Orte zu reisen, die nicht jeden interessieren. Die Azoren waren so ein #Lieblingsplatz. Wenn es dann doch eine beliebte Destination wie zum Beispiel Mauritius ist, versuche ich diese Destination so authentisch wie möglich zu bereisen. Mein allerliebster Kontinent Afrika ist sowieso noch ein Eck dieser Welt, das bisher zum Glück noch vom Overtourismus so gut wie verschont geblieben ist. Hier kannst du die herrliche Weite, die wunderschöne Tierwelt und die Natur meistens noch ohne grosse Menschenmassen und Verkehr geniessen.
Meine Reisevorbereitung ist deshalb richtig lange, denn für die Reisen, die ich mache, dauert die Vorbereitung meistens sogar länger als die Reise dann selber dauert. Auch ich nutze Instagram und Pinterest für meine Reisevorbereitung. Dabei lasse ich mich aber nicht von halbnackten Leuten ablenken, sonder schaue, ob die Destination wirklich noch Authentik bietet. Ich halte mich an ein paar ausgewählte Buchungsportale und Reiseblogs, lese viele Newsletter und grase Reisemagazine regelmässig nach Neuigkeiten ab.
Mein bester Tipp: Ich frage vor Ort immer Einheimische nach Empfehlungen.
Ganz altmodisch lese ich auch immer einen Reiseführer für einen generellen Überblick zur Destination. Dir erspare ich all diese Vorbereitung mit vielen guten Tipps auf diesem Reiseblog.
Der CO2 Ausstoss meiner Flugreisen ist mir ein sehr grosser Dorn im Auge und macht mir ein schlechtes Gewissen. Ganz besonders dem kleinen Globetrotter gegenüber. Zeitlich und oft auch logistisch liegt es für mich aber nicht drin, für diese Reisen ein anderes Verkehrsmittel zu wählen.
Da meine Reiselust ungebremst ist, versuche ich dafür vermehrt, auch meine Heimat und die umliegenden Länder zu bereisen und mein Reisefieber so zu stillen.
Das ist für die Zukunft noch vermehrt geplant. Diesen Sommer will ich auch endlich die Grand Tour of Switzerland in Angriff nehmen und dem kleinen Globetrotter unser Heimatland präsentieren. Zudem würde ich eigentlich auch gerne mal mit dem Wohnmobil von hier losdüsen. Da ist aber der Rest meiner Familie noch nicht ganz so überzeugt. Meinen ökologischen Fußabdruck versuche ich mit einem sehr bewussten und spartanischen Leben ein wenig ins Lot zu bringen und verzichte auf jeglichen unnötigen Konsum. Dank dem Footprint-Rechner weiss ich aber, dass das angesichts meiner vielen Flugreisen nicht wirklich viel bringt.
Wie empfindest du das Reisen heutzutage? Wie umgehst du dem Übertourismus? Beschäftigt dich der Flugscham genau so wie mich? Ich freue mich sehr über deinen Kommentar zu diesem Thema, das mir sehr am Herzen liegt.
Happy travels,
deine Travel Sisi
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Rolf sagt
Hallo Sisi, unbedingt die Reise mit dem Wohnmobil probieren, ist ökologischer, wie du denkst. Wasserverbrauch von 20l pro Tag, sehr geringe Abfallmengen und Strom wird selber produziert, das einzige was anfällt ist der verbrauchte Diesel von vielleicht 20l pro Tag (höchstens).
Also, auf zum Roadtripp!
Travel Sisi sagt
Hallo Rolf
Danke für deinen Hinweis. Ja, das Wohnmobil ist vielleicht in einiger Zeit eine Option für uns. Aber aktuell fährt der kleine Globetrotter noch nicht ganz so gerne Auto und das schränkt unseren Radius natürlich sehr ein. Bis dahin studiere ich aber auf jeden Fall schon mal deine Webseite mit prima Tipps für Wohnmobilfahrer!
Liebe Grüsse und weiterhin happy travels,
Esther aka Travel Sisi
Tanja sagt
Liebe Esther,
vielen Dank für diesen authentischen Einblick in deine Erfahrungen, Erlebnisse und Gedankenwelt. Auch die Tipps finde ich super. Wir selbst haben bisher auch noch die Möglichkeit antizyklischen zu reisen und verbringen gerade zB ein paar Tage an der Ostsee und genießen die menschenleeren Strände bei langen Spaziergängen. Was hier im Sommer los ist, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Ich freue mich sehr, dass du an unserer Blogparade teilnimmst.
Viele Grüße,
Tanja
Travel Sisi sagt
Liebe Tanja
Ich freue mich sehr, mit dabei zu sein. Ein wirklich tolles und sehr wichtiges Thema, das du da angeschnitten hast.
Liebe Grüsse und eine wunderbare Zeit an der Ostsee
Esther
Mario sagt
Hm, etwas eine Pseudolösung. Die Reisezeit verteilen auf Nebensaison bzw. Ab und an in die Nähe reisen. Fakt ist, dass der ungebremste Drang nach Individualismus bzw. Freiheit zu Overtourism bzw. ungebremsten Flugkonsum führt. Mein Tipp waere hier eher sich auf eine Region bzw. Land komplett zu konzentrieren, Sprache und Kultur zu lernen und einfach eintauchen.
Alles andere ist nur ein Abhaken auf der inneren Bucketlist verbunden mit Selbstdarstellung und nie zur Ruhe kommen.
Also am Ende doch Selbstverwirklichung auf Kosten anderer…nur im coolen Gewand.
Travel Sisi sagt
Hallo Mario
Nein, mir geht es weder um Individualismus noch um Freiheit. Ich habe einfach den Drang, unsere wunderschöne Welt zu entdecken und suche nach Lösungen, um diesen Drang irgendwie mit möglichst wenig Schaden für die Umwelt umzusetzen. Eintauchen in eine Destination für längere Zeit ist natürlich toll und das habe ich auch schon einige Male gemacht. Aktuell fehlt mir für eine richtig lange Reise aber leider die Zeit. Aber die kommt bestimmt auch wieder.
Weiterhin dir auch happy travels,
deine Travel Sisi